Was ist Vipassana?
Vipassana bedeutet „Klarblick“ oder „Einsicht“. Es ist eine besondere Form der Meditationspraxis, die aus Asien zu uns kam. In den Texten zur frühen buddhistischen Meditation wird gesagt, dass der Buddha zwei Arten der Meditation lehrte: Shamatha und Vipassanā.
Shamatha bedeutet „Ruhe“ und fördert tiefe geistige Sammlung / Konzentration (Jhāna).
Vipassanā bedeutet „klares Sehen“ – sie wird auch Einsichtsmeditation / Insightmeditation oder Achtsamkeitsmeditation genannt.
Heute existieren verschiedene Wege, um Vipassana zu üben.
Hier stelle ich zwei Wege vor:
Vipassana nach S.N. Goenka
Eine klassische, sehr klare Methode (die immer 10 Tage dauert). Vipassana wird als eine systematische Meditationstechnik vermittelt, bei der die Beobachtung des natürlichen Atems und der Körperempfindungen im Mittelpunkt steht, um Einsicht in die Vergänglichkeit und die Zusammenhänge von Körper und Geist zu gewinnen.
Vipassana (Insightmeditation)
Vipassana Meditation im Westen. Eine Meditationsform, durch die verschiedene Praktiken von Achtsamkeit (Sati), meditativer Vertiefung zur Erkenntnis kultiviert werden. Schweige Retreats und Kurse, die in der Regel 3 Tage oder auch mehrere Wochen dauern. Traditionell vermittelt durch Senior Vipassana-Lehrer wie den Briten Christopher Titmuss, die Amerikaner Jack Kornfield, Joseph Goldstein, Sharon Salzberg etc., die fast alle S.N Goenka als einen ihrer Lehrer erwähnen.
Vipassana Kurse nach S.N. Goenka: Eine intensive Erfahrung mit sehr klaren Strukturen
Die 10-Tage-Kurse nach S.N. Goenka sind bekannt für ihre Strenge und Konsequenz. Es ist ein strukturierter, kraftvoller Rahmen, der es ermöglicht, tief einzutauchen. Die Retreats gelten als fordernd – besonders was die körperliche Ausdauer betrifft – und Interessierte sollten prüfen, ob sie die Länge der Sitzeinheiten körperlich und energetisch gut bewältigen können.
Wer war S.N. Goenka?
S.N. Goenka (1924–2013) war ein bedeutender Lehrer der Vipassana-Meditation in der Tradition von Sayagyi U Ba Khin. Seine Vipassana-Methode konzentriert sich auf die direkte, systematische Beobachtung körperlicher Empfindungen, um Einsicht in die eigene geistige und körperliche Realität zu gewinnen – frei von religiösen Dogmen, universell anwendbar.
Ein zentrales Anliegen Goenkas war es, die Praxis allen Menschen zugänglich zu machen – unabhängig von Herkunft, Religion oder Einkommen. Daher werden alle 10-Tage-Kurse weltweit ohne Gebühr angeboten; sie finanzieren sich ausschließlich durch freiwillige Spenden ehemaliger Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Wirksamkeit der Methode selbst erfahren haben.
Heute gibt es weltweit mehr als 170 Zentren, in denen die Kurse in identischer Form durchgeführt werden.
Wie laufen Goenka Kurse ab?
Tag 1–3: Aufbau von Konzentration durch Atembeobachtung (Anapanasati).
Ab Tag 4: Achtsamkeitspraxis auf alle Körperempfindungen (Vipassana).
Im Sitzen wird ein Körperscan (Body Sweeping) durchgeführt.
Praxis erfolgt ausschließlich im Sitzen, es gibt keine geführten Meditationsanleitungen
Rahmenbedingungen und Praxisform:
- Achtsamkeit auf das Herein- und Herausströmen des Atems am Eingang der Nasenlöcher, später auf feinste Körperempfindungen.
Keine Gehmeditation, kein Yoga, kein Schreiben, kein Lesen. Nur Sitzen.
Schweigen gilt umfassend: Kein Sprechen, keine Gestik, kein Blickkontakt.
Hinweis darauf, dass exakt den Anweisungen zu folgen ist (z.B. Augen schließen während Meditation, Fokus der Aufmerksamkeit zwischen Oberlippe und Nase etc.)
Diese Vipassana-Methode wird in ihrer ursprünglichen, authentischen Form bewahrt.
Besonderheiten:
Sehr klare und strukturierte Methode
Fokus auf „reine“ Vipassana-Technik nach burmesischer Tradition, keine Vermischung mit anderen Methoden erlaubt
Körperempfindungen (Vedanā) stehen im Zentrum der Praxis.
Dhamma-Vorträge: Goenka per Video, humorvoll und tiefgehend.
Wichtige Hinweise zu den Rahmenbedingungen bei Goenka Retreats
- Psychische Stabilität:
Für ein Goenka-Retreat solltest du dich psychisch stabil fühlen. Bei Depressionen, starken Ängsten oder innerer Erschöpfung ist es sinnvoll, vorab mit einer Therapeutin oder einem Therapeuten zu sprechen. Im Anmeldeprozess wird der aktuelle Gesundheitszustand abgefragt. - Körperliche Belastbarkeit:
Die tägliche Meditationszeit beträgt bis zu 10 Stunden im Sitzen – Liegepositionen sind nicht vorgesehen. Bei körperlichen Einschränkungen oder chronischen Beschwerden sollte vorab geklärt werden, ob die Teilnahme sinnvoll und machbar ist.
Vipassana Retreats (Westliches Vipassana / Insightmeditation)
Vipassana im Sinne von Insightmeditation ist eine Praxis der tiefen Einsicht in Geist, Körper und Herz. Sie steht in der Tradition westlicher Vipassana-Lehrender wie Christopher Titmuss, Jack Kornfield, Sharon Salzberg, Joseph Goldstein und anderen – Pionieren der westlichen Insightmeditation.
Wer ist Christopher Titmuss?
Christopher Titmuss (*1944) ist einer der einflussreichsten westlichen Vipassana-Lehrer. Er lebte als buddhistischer Mönch mehrere Jahre in Thailand und war ein direkter Schüler von Ajahn Buddhadasa unf Ajahn Dhammadoro einem der wichtigsten Vertreter der thailändischen Vipassana Waldtradition. Seit den 1970er-Jahren lehrt er weltweit in buddhistischen Zentren und Retreats.
Insightmeditation wird heute in vielen Ländern praktiziert und verbindet buddhistische Achtsamkeitspraxis mit einem westlichen Ansatz und damit mit einem Fokus auf Alltagsintegration.
Wie laufen Vipassana Retreats ab?
Inhalte
Meditation wird in vier klassischen Haltungen geübt: Sitzen, Gehen, Liegen und Stehen.
Praxis in äußerer Haltung: Stabilität, Würde und Entspannung.
Entwicklung der inneren Haltung: Freundlichkeit, Achtsamkeit, Intention, Sammlung, Stillwerden.
Geübt wird meistens auf Basis der vier Grundlagen der Achtsamkeit (Satipatthāna) und 16 Stufen Meditationsanleitung (Anapanasati):
Achtsamkeit auf Körper und Atem
Achtsamkeit auf Gefühle und Empfindungen
Achtsamkeit auf Gedanken und mentale Prozesse
Achtsamkeit auf Gesetzmäßigkeiten und innere Zusammenhänge (Dharma)
Rahmenbedingungen und Praxisform:
Formelle Meditationseinheiten (ca. 6–10 pro Tag) à 30–45 Minuten.
Schweigen vom ersten bis zum letzten Tag, mit Ausnahme der Einzelgespräche.
Tagesbeginn ca. 6:30 Uhr, Ende des Programms ca. 21:00 Uhr.
Sitz- und Gehmeditation wechseln sich ab, ergänzt durch liegende und stehende Praxis, geführte Anleitungen für Bodyscan und Deep Rest Meditation im Liegen.
Nach den Mahlzeiten gibt es Pausen oder Mußezeiten zur inneren Integration.
Besonderheiten
Direkte Anleitung durch Lehrende: keine Tonbandaufnahmen
- Einzelgespräche mit Lehrpersonen zur Klärung der individuellen Praxis.
- Tägliche Dharma Talks: Vermittlung von Weishheitslehre (Dharma), oft unter Bezug von gesellschaftlichen und persönlichen Herausforderungen.
Geführte Meditationen, z. B. Metta (Herzqualitäten) und Deep Rest Meditation.
Sanfte Bewegungspraxis, z. B. achtsames Yoga, wird manchmal unterstützend angeboten.
Inquiry-Runden zu Fragen aus der Praxis oder zu persönlichen Themen.
Welche Retreat Form passt zu dir?
Kategorie | 10-Tage Vipassana nach Goenka | Vipassana Retreats (Insightmeditation, z.B. Christopher Titmuss) |
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Struktur/Ablauf | Strikt festgelegter Zeitplan mit festgelegten Sitzungen | Strukturierter Zeitplan mit festgelegtem Ablauf |
Dauer Meditationszeit täglich | Ca. 10 Stunden, Tagesplan: 4.00 Uhr morgens bis 21.30 Uhr | Ca. 5–8 Stunden, je nach Retreat, Tagesplan: 6.30 Uhr morgens bis ca. 21.00 Uhr |
Meditationseinheiten täglich | Ca. 10 Sitzungen im Sitzen, Einheiten ca. 60 Minuten, manchmal länger | 6–10 Einheiten, je ca. 30–45 Minuten, Abwechslung von Sitz-, Geh-, Steh- und Liege-Meditation |
Anleitungen | Audio/Video-Aufzeichnungen von S.N. Goenka | Live-Anleitungen durch erfahrene Vipassana-Lehrende |
Persönliche Begleitung | Fragen zur Technik möglich, abends Fragen möglich | Begleitendes Einzelgespräch, abends Fragen schriftlich möglich, die beantwortet werden |
Meditationshaltungen | Sitzmeditation | Abwechslung aus Sitz-, Geh-, Steh-, Meditation in liegender Haltung, Bodyscan, Metta |
Schweigezeit | Striktes Schweigen während der gesamten Dauer | Schweigen während der gesamten Dauer |
Flexibilität | Keine Anpassung, alle Teilnehmer durchlaufen dasselbe Programm | Verschiedene Retreat-Längen und Retreat-Themen, individuelle Anpassung möglich |
Philosophie & Inhalte (Stichwortartig) |
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Atmosphäre | Streng, diszipliniert, asketisch | Offen, individuell, westlich geprägt |
Lehrstil | Standardisiert, per Video/Audio, keine eigenen Lehrinhalte der Assistenten | Persönlich, interaktiv, flexibel, direkter Austausch mit Lehrenden |
Kostenbeitrag | Rein auf Spendenbasis (Dana) | Spende + Kursbeitrag, oder fixer Retreatbeitrag |
Fazit
Beide Wege führen in die Tiefe.
Wer ein Retreat sucht, das stark strukturiert ist und eine klare Form bietet, findet im 10 Tage Goenka Vipassana Retreat eine kraftvolle Methode.
Wer eine individuell begleitete Praxis mit Vielfalt in Haltung und klassischen Übungen zur Sammlung von Herz und Geist (u.a. Bodyscan, Metta Meditation, geführten Meditationen, Deep Rest Meditation im Liegen) sucht, wird sich in einem Insightmediation Vipassana Retreat gut aufgehoben fühlen.
Was beide verbindet:
Eine tiefe Einladung, sich selbst besser zu verstehen, das Herz zu öffnen und die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie ist.
Adressen und weiterführende Informationen zu Goenka Kursen
Hier findest du weiterführende Informationen zu Goenka 10 Tage Vipassana Retreats in Deutschland und international:
Deutschland: dvara.dhamma.org
Schweiz: sumeru.dhamma.org
Österreich: Übersicht und Kursorte über dhamma.org/locations/directory
Alle internationalen Zentren: dhamma.org/locations/directory
Adressen und weiterführende Informationen Vipassana Retreats
Hier sind einige Vipassana-Lehrende in Deutschland, die von westlichen Vipassana-Lehrern autorisiert wurden:
Marie Mannschatz
mariemannschatz.de
Renate Seifarth
renateseifarth.de
Sylvia Kolk
sylvia-kolk.de
Tinkeke Osterloh
tinekeosterloh.com
Nicole Stern
nicolestern.de
Ulla König
ulla-koenig.com